Kloster

Das Kloster Karlstadt ist ein ehemaliges Kloster der Kapuziner in Karlstadt in Bayern in der Diözese Würzburg

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Das segensreiche Wirken der Kapuziner für die Bürger Karlstadts und des Umlandes war über Jahrhunderte ein gegenseitiges Geben. Mit ihrer Opferbereitschaft, auch in schweren kriegerischen Zeiten die Mönche mit Geld, Lebensmitteln und anderen Spenden zu unterstützen, dankten die Bewohner „ihren“ Kapuzinern für ihre geistliche und seelsorgerische Begleitung des „einfachen Volkes“. Der Kapuzinerorden gründete sich 1525 als Zweig des Franziskanerordens. Die Fürstbischöfe Julius Echter von Mespelbrunn und Johann Philipp von Schönborn förderten ab 1615 ihre Niederlassungen in Würzburg, Ochsenfurt und Lohr. Von dort aus wanderten die Mönche an kirchlichen Festtagen auch hierher nach Karlstadt. Sie halfen bei Gottesdiensten und im Beichtstuhl aus. Bald waren die Patres in Karlstadt so beliebt, dass die Bürger 1646 Bischof Johann Philipp baten, die Kapuziner in ihrer Stadt anzusiedeln. Die Mönche durften das Armenhaus an der Spitalkirche zum Hl. Jakobus in der Hauptstraße beziehen und die Kirche mitbenutzen. Erst 1670 wurde mit dem Klosterbau am „Schützenanger“ außerhalb der Stadtmauer von Karlstadt begonnen, wo bis dahin Gärten waren. Ein Jahr später stand das Dach des Konventgebäudes. Bürger hatten den Kapuzinern das Grundstück zur Verfügung gestellt, sie unterstützten den Bau mit Material, Handlangern und Tagelöhnern. Am 5. August 1674 stand die Kirche der „Jungfrau Maria von den Engeln“. Die Priester und Brüder bewohnten 19 Zellen im neuen Kloster „Zum Helfenstein“.

Ein Problem für die Karlstadter war jedoch der Weg zum Gottesdienst. Er führte nach Osten hinaus aus der Stadt durch das Untere oder Obere Tor. Für einen direkten Zugang wurde nun ein Loch in die Stadtmauer geschlagen. An das neue Tor wurde – wieder mit Spenden – eine Zugbrücke, auch Schneller genannt, angebaut, die über den Stadtgraben führte. So erhielt der Weg an dieser neuen Pforte, die zum Kloster führte, den Namen Schnellergasse; heute ist das die Alte Bahnhofstraße. Am 14. Dezember 1724 berichtete der Klostervorsteher der Ordensleitung in Rom, dass die Kapuziner „die Beichte der Weltleute“ hören und an verschiedenen Festtagen regelmäßig in der Stadt predigen und in „bestimmten umliegenden Dörfern an Sonn- und Feiertagen und in anderem Orten häufig predigen“. Der Guardian lobte das „gottesfürchtige Volk“ und die „verschiedenen Almosen der frommen Leute“, von denen die Klostergemeinschaft in Karlstadt lebte. Zeitweise übernahmen die Ordensmänner vollständig die Kanzel der Stadtpfarrkirche St. Andreas, so dass 1683 ein fürstbischöfliches Dekret festlegte, an welchen Tagen dem zuständigen Pfarrer Georg Sauderich allein die Kirchenkanzel gehörte. Die freundlichen Männer mit den langen Bärten und dunkelbraunen Kutten mit Kapuze, daher der Ordensname, waren beliebte Beichtväter. 1783 übernahmen die Mönche nach einer Eingabe des Stadtmagistrats an den Fürstbischof sogar die Trivial-Latein-Schule, weil sie „durch den Stadtrektor sehr übel versehn“ wurde.

Die Säkularisation und mit ihr die Person Vornberger waren ein Einschnitt in das harmonische Zusammenleben der Kapuziner mit den Karlstadtern. Am 13. Juni 1804 erklärte der bayrische Landrichter den verängstigten Mönchen, ihr Konvent hätte aufgehört zu existieren. Vornberger nahm auch gleich die 270 Gulden an sich, die die Patres als Kollekte bei den Gottesdiensten eingenommen hatten. Seinem Ärger über den Orden – Vornberger war zuvor bischöflicher Amtskeller in Karlstadt – machte der nunmehr bayerische Landrichter Luft, in dem er mit abgefeuerten 15 Schrotkugeln das aus Eisenblech am Kirchturm angebrachte Bild des Hl. Franziskus durchlöcherte. Doch es hielt stand. Überliefert ist Vornbergers Spott: „Seht, das ist die Posaune der Kapuziner. Endlich ist sie verstummt.“

Sieben Priester und sechs Brüder mussten, mit je drei Gulden Wegegeld versorgt, Karlstadt sofort verlassen. Die Kirche wurde ausgeräumt und zum Salzmagazin umfunktioniert. Den Klostergarten, aus dem sich die Ordensleute mit Obst und Gemüse versorgten, pachteten Karlstadter Bürger. Zur Weinschänke umfunktioniert wurde nun hier an Festtagen und nach Viehmärkten getrunken.

Bis 1808 hielt der Vornberger-Spuk. Da wussten die Karlstadter schon lange, was sie mit den Kapuzinern verloren hatten. Großherzog Ferdinand von

Toskana genehmigte am 6. Juli 1808 die Räumung und die Wiederherstellung des Klostergebäudes. Fünf Wochen später, am 16. August, jubelten die Menschen den heimkehrenden Ordensleuten zu. Wieder halfen die Karlstadter bei den Aufräumarbeiten und der Behebung der größten Schäden, so dass die Benediktion der Klosterkirche am 4. Oktober erfolgen konnte. Auch die Menschen in den umliegenden Dörfern spendeten Geld für den Wiederaufbau. Nur drei Jahre später, 1811, drohte dem Konvent in Karlstadt erneut das Aus. Es fehlte an Nachwuchs. König Ludwig I. vereinigte 1836 die fränkische mit der bayerischen Provinz, sodass es wieder genügend junge Ordensmänner gab. In den fränkischen, bayerischen und rheinischen Kapuzinerprovinzen gab es insgesamt 43 Patres und 13 Brüder, die, in Karlstadt geboren, dem weltlichen Leben entsagten. Die Mönche hatten viel zu tun. Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Kirche „Jungfrau Maria von den Engeln“ in Karlstadt jährlich 26.000 Kommunikanten. Neues Unheil brachten der „Deutsche Krieg“ 1866 mit dem Einfall der Preußen am 3. September in Karlstadt und der ihnen folgenden Cholera. Nun mussten die Kapuziner, selbst von der Infektionskrankheit verschont, vermehrt Sterbenden die letzte Ölung geben und die Toten würdig bestatten. Von ihrem Einsatz in diesen schweren Monaten erfuhr sogar Bayernkönig Ludwig II., der dem Karlstadter Orden dankte. Von den nächsten kriegerischen Auseinandersetzungen im deutsch-französischem Krieg 1870/71, im Ersten Weltkrieg und vor allem im Zweiten Weltkrieg mit den Repressalien der Nationalsozialisten gegen Kirche und Religion blieben die Kapuziner weitgehend verschont. In den 1950er-Jahren „überholten“ die Kapuziner das Innere ihrer Kirche. Guardian Timotheus Hartmann wollte mit der Zeit gehen. 1960 fühlten sich viele Gläubige in einer fremden Kirche. Vor allem die moderne Gestaltung des einst barock-überladenen Chores mit Haupt- und Seitenaltären verwirrte die Kirchgänger.

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Eine neue Zeit war angebrochen, die aber auch das Ende der Kapuziner in Karlstadt einläutete. In der damals „neuen“ Siedlung lebten 2.572 Katholiken. Stadtpfarrer Paul Steinert sah 1964 die Notwendigkeit für ein neues Pfarrzentrum, das er mitbetreuen wollte. Doch Bischof Josef Stangl durchkreuzte seine Pläne: Am 1. September 1965 übernahm der Kapuzinerkonvent die neue Pfarrei „Zur Heiligen Familie“ in der Bodelschwinghstraße. Karlstadt hatte 1967 vier Kirchen: St. Andreas und die Spitalkirche, die Pfarrer Steinert betreute, sowie die „Heilige Familie“ und die Klosterkirche „Maria von den Engeln“ der Kapuziner. Ab Oktober 1966 bis zum Einzug in den neuen Klosterbau in der Bodelschwinghstraße im Mai 1969 wohnten die Ordensmänner in der Schwesternwohnung im Pfarrheim. Am 1. September 1976, erfolgte die endgültige Auflösung des Konvents. Drei Patres und ein Bruder zogen in andere Klöster ihres Ordens.

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Die Mönche hatten sich leichten Herzens nach fast 300 Jahren von ihrem einstigen Kloster „Zum Helfenstein“ getrennt, um in ein neu erbautes Haus zu wechseln. Die Kaufverhandlungen mit der Stadt Karlstadt zogen sich ab 1965 acht Jahre in die Länge. 1973 wusste der Stadtrat, wie er das Grundstück, das nun mitten in Karlstadt lag, nutzen würde: Das neue große Rathaus sollte die wachsende Verwaltung aus der Enge des 1422 erbauten Rathauses am Marktplatz aufnehmen.

Das Ende des maroden Klosters besiegelte ein kontrollierter und genehmigter Großbrand am 11. September 1974. Seit Juli drehte die „Telefilm Saar“ in Karlstadt die Vorabendserie „Freiwillige Feuerwehr“. Viele Karlstadter meldeten sich für Statistenrollen. Höhepunkt sollte das Niederbrennen des Kapuzinerklosters sein. Unter Aufsicht der Feuerwehrschule Würzburg und mit Hilfe des THW und einer Wasserkanone zum Löschen vom Main her wurde das Kloster gegen 2 Uhr vor laufenden Fernsehkameras in Brand gesetzt. Reifen, Stroh, Diesel und Stoffreste im Kirchenschiff ließen Konventbau und Kirche lichterloh brennen. Zeugen der gespenstigen Szenerie waren Hunderte von Bürgern, die ein Jahr später in einer knapp sechsminütigen Sequenz „ihr“ Kloster noch einmal brennen sahen. Der Abbruch des Restes, der dem Inferno standgehalten hatte, darunter das Türmchen der Kirche, kostete die Stadt 31.000 DM.

Die Bürger haderten lange mit der Art und Weise, wie sich die Stadt der Gebäude entledigt hatte. Das am 1. Oktober 1973 in Kraft getretene Bayerische Denkmalschutzgesetz rettete das Kapuzinerkloster mit Kirche nicht, zu sehr steckte noch alles Bemühen für den Erhalt historischer Gebäude in den Kinderschuhen. Wie lax das Landesamt für Denkmalpflege vor 1973 mit historischen Bauten umging, zeigen zwei Zustimmungen zum Klosterabbruch 1966 und 1970, die der damalige Bürgermeister Werner Hofmann eingeholt hatte.

>>> Bild der Klosterkirche (Außenansicht mit Tor) 1974 <<<

Seit dem 8. Juli 1981 erinnern auf dem alten Klostergelände ein Mauerrest mit Torbogen, eine Gedenktafel und das Holzkreuz aus dem Kapuzinerfriedhof an die fruchtbare, seelsorgerische Zeit und an ein 300 Jahre langes harmonisches Miteinander. Gerade für Jugendliche war das Kloster ein Anlaufpunkt, viele ministrierten dort nicht nur, sondern verbrachten auch ihre Freizeit dort. So befand sich parallel zur Mauer zur Energieversorgung eine gerne genutzte Kegelbahn, die Pfadfinder hatten ihr JUZ im Garten des Klosters.

Diese Dokumentation des Klosters „Zum Helfenstein“ entstand im Rahmen eines P-Seminars des Johann-Schöner-Gymnasiums. Das P-Seminar bedankt sich ausdrücklich bei Martina Amkreutz-Götz, deren Mainpost-Beitrag wir verwenden und umarbeiten durfte. Wir bedanken uns auch bei Wolfgang Merklein und dem Historischen Verein Karlstadt e.V. für die Beratung und fachliche Unterstützung. Und wir bedanken uns bei der Stadt Karlstadt mit Bürgermeister Michael Hombach, die uns die Realisierung ermöglicht haben.

Zur Autorin: Martina Amkreutz-Götz war 37 Jahre Redakteurin der Main-Post in Karlstadt. Sie ist Gründungs-und Vorstandsmitglied des Geschichts- und Heimatvereins Mühlbach 1987 und Mitglied im Historischen Verein Karlstadt. Literatur: Martina Amkreutz-Götz: Die Kapuziner in Karlstadt, 1984